Du hast deinen Dropshipping-Shop aufgebaut, die ersten Produkte gefunden und vielleicht sogar schon erste Umsätze gemacht. Falls du dich über die rechtlichen Grundlagen informiert hast, weißt du bereits, dass ein Gewerbe nötig ist. Doch was ist mit den Steuern? Dropshipping-Steuern sind komplex – besonders bei internationalen Lieferanten und grenzüberschreitenden Verkäufen. In diesem umfassenden Guide erfährst du alles über Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer und wie du deine Steuerpflichten in Deutschland korrekt erfüllst.

Warum Steuern beim Dropshipping besonders komplex sind

Anders als beim klassischen Handel hast du beim Dropshipping oft mit drei verschiedenen Ländern zu tun: Dein Firmensitz in Deutschland, dein Lieferant in China oder der EU, und deine Kunden in verschiedenen Ländern. Diese Konstellation führt zu komplexen steuerlichen Fragen:

  • Wo fällt welche Umsatzsteuer an?
  • Wie funktioniert das Reverse-Charge-Verfahren?
  • Was ist mit Einfuhrumsatzsteuer bei China-Ware?
  • Wann lohnt sich die Kleinunternehmerregelung?

Die drei Hauptsteuerarten beim Dropshipping

1. Umsatzsteuer (USt) – Die wichtigste Steuer

Was ist die Umsatzsteuer?

Die Umsatzsteuer (auch Mehrwertsteuer genannt) beträgt in Deutschland 19% auf den Verkaufspreis (ermäßigt 7% für bestimmte Waren). Als Händler musst du diese Steuer auf deine Verkaufspreise aufschlagen und an das Finanzamt abführen.

Kleinunternehmerregelung – Ja oder nein?

Nach §19 UStG kannst du die Kleinunternehmerregelung nutzen, wenn dein Umsatz im Vorjahr unter 22.000 Euro lag und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigt.

Vorteile der Kleinunternehmerregelung:

  • Keine Umsatzsteuer auf Rechnungen ausweisen
  • Weniger Bürokratie
  • Keine monatliche/quartalsweise Umsatzsteuer-Voranmeldung

Nachteile:

  • Kein Vorsteuerabzug – Du kannst die Umsatzsteuer aus Geschäftsausgaben (Facebook Ads, Shopify-Gebühren, Tools) nicht zurückholen
  • Bei hohen Anfangsinvestitionen oft nachteilig
  • Kann unprofessionell wirken

Praxis-Tipp: Bei Dropshipping mit hohen Marketing-Ausgaben lohnt sich meist die Regelbesteuerung, da du die Vorsteuer aus deinen Werbekosten zurückbekommst.

2. Einkommensteuer – Steuer auf deinen Gewinn

Die Einkommensteuer fällt auf deinen persönlichen Gewinn an. Der Gewinn ist die Differenz zwischen deinen Einnahmen (Verkaufserlöse) und deinen Ausgaben (Wareneinkauf, Marketing, Tools, etc.).

Steuersätze:

  • Grundfreibetrag 2025: 11.604 Euro (steuerfrei)
  • Danach progressiver Steuersatz von 14% bis 42%
  • Ab 277.826 Euro: 45% (Reichensteuer)

Rechenbeispiel:

Jahresumsatz: 80.000 €
Wareneinkauf: 35.000 €
Marketing: 20.000 €
Tools & Software: 3.000 €
Sonstige Kosten: 5.000 €
= Gewinn: 17.000 €

Davon Einkommensteuer (ca. 20%): ca. 3.400 €

Wichtig: Du zahlst Einkommensteuer nur auf den Gewinn, nicht auf den Umsatz!

3. Gewerbesteuer – Ab 24.500 Euro Gewinn

Die Gewerbesteuer wird von deiner Gemeinde erhoben und fällt erst ab einem Freibetrag von 24.500 Euro Gewinn im Jahr an.

Berechnung:

Die Gewerbesteuer variiert je nach Gemeinde (Hebesatz zwischen 200% und 600%). Durchschnittlich liegt sie bei etwa 14-15% des Gewerbesteuermessbetrags.

Praxis-Tipp: In ländlichen Gemeinden ist die Gewerbesteuer oft niedriger als in Großstädten. Dies kann bei der Wahl deines Firmensitzes relevant sein.

Internationale Dropshipping-Steuern: Die vier Szenarien

Szenario 1: Deutscher Shop, deutscher Kunde, EU-Lieferant

Umsatzsteuer: 19% auf Verkaufspreis, an deutsches Finanzamt

Reverse-Charge beim Einkauf: Ja, wenn Lieferant aus anderem EU-Land

So funktioniert Reverse-Charge:

  1. Dein EU-Lieferant stellt Rechnung ohne Umsatzsteuer aus
  2. Du trägst den Betrag in der Umsatzsteuer-Voranmeldung ein
  3. Gleichzeitig kannst du ihn als Vorsteuer abziehen
  4. Ergebnis: Steuerneutral, aber korrekte Dokumentation nötig

Voraussetzung: Du benötigst eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.), die du kostenlos beim Bundeszentralamt für Steuern beantragst.

Szenario 2: Deutscher Shop, deutscher Kunde, China-Lieferant

Umsatzsteuer: 19% auf Verkaufspreis, an deutsches Finanzamt

Einfuhrumsatzsteuer: Fällt beim Zoll an, wenn Ware nach Deutschland kommt

Wichtig: Bei Direktversand vom China-Lieferanten zum deutschen Kunden zahlt theoretisch der Empfänger die Einfuhrumsatzsteuer. In der Praxis übernehmen viele Lieferanten dies im Rahmen von DDP (Delivered Duty Paid) Versand.

Praxis-Tipp: Kläre mit deinem Lieferanten, wer die Einfuhrabgaben übernimmt. Am besten ist DDP-Versand, bei dem der Lieferant alle Zollkosten trägt und der Kunde keine bösen Überraschungen erlebt.

Szenario 3: Deutscher Shop, EU-Kunde, beliebiger Lieferant

Ab 10.000 Euro Jahresumsatz pro EU-Land gilt das Bestimmungslandprinzip: Du musst im Kundenland Umsatzsteuer zahlen.

Zwei Lösungen:

Option A: Registrierung in jedem EU-Land (sehr aufwändig)

Option B: One-Stop-Shop (OSS) – Zentrale Abwicklung über das Bundeszentralamt für Steuern

OSS-Vorteile:

  • Keine Registrierung in jedem EU-Land nötig
  • Quartalsweise Meldung an deutsches Finanzamt
  • Automatische Weiterleitung an Zielländer

Szenario 4: Deutscher Shop, Nicht-EU-Kunde

Umsatzsteuer: Keine deutsche Umsatzsteuer

Aber: Eventuell Import-Steuern und Zölle im Zielland, die der Kunde tragen muss.

Praxis-Tipp: Kommuniziere dies transparent auf deiner Website, um negative Bewertungen zu vermeiden.

Schritt-für-Schritt: Deine Steuerpflichten erfüllen

Schritt 1: Gewerbe anmelden und Fragebogen ausfüllen

Nach der Gewerbeanmeldung erhältst du vom Finanzamt den steuerlichen Erfassungsbogen. Hier gibst du an:

  • Ob du die Kleinunternehmerregelung nutzt
  • Geschätzte Umsätze und Gewinne
  • Ob du Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich oder quartalsweise abgibst

Schritt 2: Umsatzsteuer-ID beantragen

Falls du nicht die Kleinunternehmerregelung nutzt und mit EU-Lieferanten arbeitest, beantrage eine USt-IdNr. beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Schritt 3: Buchhaltung aufsetzen

Nutze professionelle Buchhaltungs-Software wie:

  • Lexoffice (benutzerfreundlich, ab 7,90 €/Monat)
  • sevDesk (umfangreich, ab 9,90 €/Monat)
  • DATEV (für Steuerberater-Anbindung)

Was du dokumentieren musst:

  • Alle Eingangsrechnungen (von Lieferanten, für Werbung, Tools)
  • Alle Ausgangsrechnungen (an Kunden)
  • Bankauszüge
  • PayPal-/Shopify-Transaktionen

Schritt 4: Umsatzsteuer-Voranmeldung

Monatlich oder quartalsweise (je nach Umsatzhöhe) musst du über ELSTER die Umsatzsteuer-Voranmeldung einreichen:

  • Umsatzsteuer auf Verkäufe eintragen
  • Vorsteuer aus Einkäufen abziehen
  • Zahllast an Finanzamt überweisen (oder Erstattung erhalten)

Fristen:

  • Monatlich: bis zum 10. des Folgemonats
  • Quartalsweise: bis zum 10. des Folgemonats nach Quartalsende

Schritt 5: Einkommensteuererklärung

Einmal jährlich (bis 31. Juli des Folgejahres, mit Steuerberater bis Februar/März) musst du deine Einkommensteuererklärung abgeben:

  • EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) für Kleinunternehmer
  • Oder Bilanz bei größeren Betrieben

Praxis-Tipp: Nutze einen Steuerberater, sobald dein Gewinn 20.000 Euro übersteigt. Die Kosten sind steuerlich absetzbar und sparen dir Zeit und Nerven.

Häufige Steuerfehler beim Dropshipping vermeiden

Fehler 1: Kleinunternehmerregelung ohne Kalkulation wählen

Viele Einsteiger wählen die Kleinunternehmerregelung, weil sie “einfacher” klingt. Bei hohen Marketing-Ausgaben verschenkst du aber bares Geld durch fehlenden Vorsteuerabzug.

Fehler 2: Reverse-Charge nicht korrekt anwenden

Vergisst du, Reverse-Charge-Umsätze in der Umsatzsteuer-Voranmeldung anzugeben, drohen Nachzahlungen und Bußgelder.

Fehler 3: Internationale Umsätze falsch versteuern

Bei EU-Verkäufen über 10.000 Euro pro Land musst du im Bestimmungsland versteuern – sonst drohen hohe Nachforderungen.

Fehler 4: Belege nicht aufbewahren

Aufbewahrungspflicht: 10 Jahre für Buchungsbelege, Rechnungen und Jahresabschlüsse.

Fehler 5: Steuern nicht zurücklegen

Lege von jedem Verkauf 30-40% zurück für Steuern (Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer). Sonst droht Insolvenz bei der Steuernachzahlung.

1. Geschäftsausgaben konsequent absetzen

Alles, was du für dein Business ausgibst, mindert deinen steuerpflichtigen Gewinn:

  • Dropshipping-Tools und Software
  • Marketing-Ausgaben (Facebook Ads, Google Ads)
  • Shopify-Gebühren
  • Kurse und Weiterbildung
  • Büromaterial
  • Anteilig: Internet, Telefon, Miete (Homeoffice-Pauschale)

2. Abschreibungen nutzen

Größere Investitionen (Computer, Smartphone, Kamera) kannst du über mehrere Jahre abschreiben:

  • Sofortabschreibung bis 800 Euro (GWG – Geringwertige Wirtschaftsgüter)
  • Größere Anschaffungen über Nutzungsdauer verteilen

3. Kleinunternehmerregelung bei niedrigen Margen

Wenn du mit sehr niedrigen Margen arbeitest und kaum Vorsteuer hast (z.B. bei Dropshipping mit AliExpress), kann die Kleinunternehmerregelung sinnvoll sein.

4. Steuerberater-Kosten absetzen

Die Kosten für deinen Steuerberater sind vollständig absetzbar – eine Investition, die sich mehrfach rentiert.

Praxis-Beispiel: Steuerberechnung für einen Dropshipping-Shop

Ausgangssituation:

  • Jahresumsatz: 120.000 €
  • Wareneinkauf (inkl. Versand): 55.000 €
  • Facebook Ads: 30.000 €
  • Shopify & Tools: 4.000 €
  • Sonstige Kosten: 3.000 €

Gewinn: 28.000 €

Steuerberechnung:

Umsatzsteuer:

  • Umsatzsteuer auf Verkäufe (19%): ca. 19.000 €
  • Vorsteuer aus Einkäufen: ca. 6.500 €
  • Zahllast Umsatzsteuer: 12.500 €

Einkommensteuer (bei 25% persönlichem Steuersatz):

  • Auf Gewinn von 28.000 €
  • Abzgl. Grundfreibetrag 11.604 €
  • Steuerpflichtiger Gewinn: 16.396 €
  • Einkommensteuer: ca. 4.100 €

Gewerbesteuer:

  • Gewinn 28.000 € > Freibetrag 24.500 €
  • Steuerpflichtiger Gewinn: 3.500 €
  • Gewerbesteuer (ca. 14%): ca. 490 €

Gesamte Steuerlast: ca. 17.090 €

Nettogewinn nach Steuern: ca. 10.910 €

Internationale Expansion: Steuern in anderen Ländern

Wenn du dein Dropshipping-Business skalierst und international verkaufst:

USA

  • Keine Umsatzsteuer auf Bundesebene
  • Aber: Sales Tax in den meisten US-Bundesstaaten
  • Nexus-Regelung: Ab bestimmter Umsatzhöhe pro Staat registrierungspflichtig

UK

  • VAT (Value Added Tax): 20%
  • Registrierung ab £85.000 Jahresumsatz in UK nötig

Schweiz

  • MWST: 8,1% (ermäßigt 2,6%)
  • Registrierung ab CHF 100.000 Jahresumsatz

Praxis-Tipp: Nutze spezialisierte Steuerberater für internationale Expansion oder Plattformen wie Avalara für automatisierte Sales-Tax-Compliance.

Checkliste: Deine Dropshipping-Steuern im Griff

Gewerbe angemeldet und steuerlichen Erfassungsbogen ausgefüllt

Buchhaltungs-Software eingerichtet (Lexoffice, sevDesk etc.)

USt-IdNr. beantragt (falls Regelbesteuerung)

Steuerberater gefunden und Erstgespräch geführt

Separate Konten für Steuerrücklagen angelegt

Reverse-Charge-Verfahren bei EU-Lieferanten korrekt angewendet

Umsatzsteuer-Voranmeldungen termingerecht eingereicht

Alle Belege digital archiviert (mindestens 10 Jahre)

OSS-Verfahren beantragt (falls EU-Verkäufe über 10.000 € pro Land)

Einkommensteuererklärung jährlich fristgerecht abgegeben

Fazit: Steuern beim Dropshipping – komplex, aber machbar

Ja, Dropshipping-Steuern sind komplex – besonders bei internationalen Lieferanten und grenzüberschreitenden Verkäufen. Aber mit dem richtigen Wissen, professioneller Software und einem guten Steuerberater ist das Thema absolut beherrschbar.

Die wichtigsten Takeaways:

  1. Wähle die Kleinunternehmerregelung bewusst – bei hohen Marketing-Ausgaben ist Regelbesteuerung oft besser
  2. Dokumentiere alles – Belege, Rechnungen, Transaktionen müssen 10 Jahre aufbewahrt werden
  3. Lege Steuern zurück – mindestens 30-40% jedes Verkaufs auf ein Steuerkonto
  4. Hole dir professionelle Hilfe – ein Steuerberater zahlt sich mehrfach aus
  5. Verstehe internationale Regelungen – bei EU-Verkäufen OSS nutzen

Wenn du die steuerlichen Grundlagen von Anfang an richtig angehst, kannst du dich voll auf das Wachstum deines Dropshipping-Business konzentrieren – ohne böse Überraschungen vom Finanzamt.

Nächste Schritte:

  1. Entscheide: Kleinunternehmerregelung oder Regelbesteuerung?
  2. Richte eine professionelle Buchhaltung ein
  3. Suche einen Steuerberater mit E-Commerce-Erfahrung
  4. Informiere dich über rechtliche Grundlagen in Deutschland
  5. Starte mit den richtigen Tools für automatisierte Buchhaltung